Beiträge vom März, 2015

IT-Recht: Wenn die Polizei Urheberrechte reklamiert

Montag, 16. März 2015 15:42

Eine Geschichte aus dem prallen (Facebook-)Leben:

Eine Facebook-Gruppe, die sich der nachbarschaftlichen Hilfe bei drohenden Einbrüchen widmet, hatte binnen kurzer Zeit über 1000 Mitglieder. Einige von ihnen nahmen den Gruppenzweck Ernst, fuhren im Stadtgebiet „Streife“ und beobachteten und meldeten „Auffälligkeiten“. Es kam zu einem Zwischenfall mit einem rumänischen Kleintransporter, der ein bekanntes buntes Blatt zu der Schlagzeile „Irrer Mob geht auf Rumänenjagd“ hinriss. Es stellte sich bald heraus, dass an diesem Vorwurf nichts dran war. Jenes Blatt hatte aus den geschmacklosen Verdächtigungen gegenüber einer sächsischen Kleinstadt Jahre zuvor nichts gelernt. Schnell wurde es ruhig in der und um die Gruppe.

Die Polizei Nordrhein-Westfalens hatte zwischenzeitlich eine Kampagne mit dem Titel „Riegel vor! Sicher ist sicherer.“ initiiert. Im Begleittext dieser Kampagne, die die Bürger zur Wachsamkeit anhalten will, heißt es u.a. „Wenn Polizei und Bürger zusammenarbeiten, kann Einbrechern der Riegel vorgeschoben werden.“ Eines der rund 1000 Mitglieder der Einbruchsgruppe bei Facebook nahm dies wörtlich und postete auf der Gruppenseite das Logo aus dieser Kampagne. Diese wiederum verstand sich als Teil des polizeilichen Netzwerks „Zuhause sicher“, auf dessen Webseite, genau einen Klick von „Riegel vor“ entfernt, es u.a. heißt: „Gerne stellen wir Ihnen Bilder und Logo des Netzwerkes „Zuhause sicher“ zur honorarfreien Nutzung zur Verfügung.“

Es kam, wie es kommen musste: der Administrator der Gruppe (der das Logo NICHT gepostet hatte), erhielt von der Polizei nunmehr ein Schreiben, dass gegen ihn (!) als Beschuldigten wegen der urheberrechtswidrigen Nutzung des Logos strafrechtlich ermittelt werde. Die ermittelnde Kriminaloberkommissarin schreibt: „Die Gruppe verwendete zurück liegend das geschützte Logo. Eine Einwilligung lag nicht vor. Dies ist strafbar nach § 106 UrhG.“

Der Admin erscheint konsterniert bei mir und legt mir das Schreiben vor. Er hat sich den Gruppenverlauf angesehen, ist auf das Foto gestoßen und hat es sofort gelöscht. „Was soll ich noch tun?“ fragte er mich leicht verzweifelt. Die Vorkommnisse um den „irren Mob“ sind an ihm gewiss nicht spurlos vorbeigegegangen. Für all diese hanebüchenen Entwicklungen kann er aber nun wirklich nichts.

Schauen wir uns die Rechtslage also einmal an:

§ 106 UrhG stellt u.a. das Verbreiten und die öffentliche Wiedergabe eines geschützten Werks ohne Einwilligung des Berechtigten unter Strafe. Es fällt auf, dass für die Polizeibeamten die Strafbarkeit bereits vor der Einvernahme des Beschuldigten festzustehen scheint, was erstaunt, denn dass der Admin das Logo nicht selber gepostet hat, scheint auch dort bekannt.

Wie kann er dann Täter sein?

Zivilrechtlich haftet er allenfalls als sog. „Störer“ auf Unterlassung, und das auch nur dann, wenn er von einem rechtswidrigen Post in seiner Gruppe erfährt und dennoch nicht tätig wird. Keineswegs muss er dort Tag und Nacht auf der Lauer liegen, ob irgendwer was Böses in die Gruppe postet. Erhält er aber einen Hinweis auf rechtsverletzende Inhalte, muss er diese prüfen. Dies ist geschehen.

Kann er dann strafrechtlich haften? Dazu müsste er a) selber und b) vorsätzlich gehandelt haben. Beides trifft offenkundig nicht zu.

Vorher ist noch zu fragen: wem gebührt hier das Urheberrecht am Logo? „Der“ Polizei ganz sicher nicht. Eher der beteiligten Werbeagentur oder deren Mitarbeiter. Nach § 109 UrhG wird die Tat nur auf Antrag verfolgt. Diesen kann „der Verletzte“ stellen, § 77 Abs. 1 StGB. Hat er dies nicht, darf es nicht zu einem Strafverfahren kommen. Und: becirct die Polizei im Rahmen der Kampagne „den Bürger“ so engagiert um Mitarbeit, dass er dann sogar das Netzwerklogo kostenfrei nutzen darf, kann selbst für den Fall, dass eine staatliche Behörde hier zulässigerweise Befugnisse des Urhebers wahrnimmt, dies bei einem engagierten Mitbürger, der dies wörtlich nimmt, kaum rechtswidrig sein.

Was soll ich dem Mandanten nun raten? Ich habe nicht übel Lust ihm zu raten, nichts zu tun. Kommt es dann zu einem Strafverfahren am Amtsgericht, werde ich dem überaus eitlen, aber komplett urheberrechtsunkundigen Publikum zu Gericht ein paar Takte zu sagen haben, die es so bald nicht vergessen würde. Aber ich habe dem Mandanten den „sichersten Weg“ anzuraten. Der besteht hier wie immer in Strafsachen darin, zunächst die Verfahrensakte anzufordern. In der dann fälligen schriftlichen Stellungnahme werde ich mich um Sachlichkeit bemühen, um die Sache ganz schnell im Sinne des Mandanten zu beenden.

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