Tag-Archiv für » Rechtsanwalt Gotha «

Erbrecht: Probleme der Vorsorgevollmacht

Dienstag, 16. Juli 2019 12:24

Frage:

Meine Mutter hat meiner Schwester, mit der ich mich nicht gut verstehe, eine Vorsorgevollmacht erteilt. Meine Schwester hat immer wieder Geld vom Konto meiner Mutter abgehoben. Kann ich nach dem Tod meiner Mutter als gesetzlicher Miterbe Auskunft und Rechenschaft von meiner Schwester verlangen?

Antwort:

In rechtlicher Hinsicht besteht zwischen der Mutter und dem, aufgrund einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigten Kind ein Auftragsverhältnis gem. §§ 662 ff BGB. Folge ist, dass der oder die Bevollmächtigte gegenüber dem Vollmachtgeber zur Auskunftserteilung, Rechenschaftslegung und Herausgabe des Erlangten verpflichtet ist. Diese Ansprüche gehen im Erbfall auf den oder die Erben über. Der Miterbe kann demnach gegenüber dem Bevollmächtigten insbesondere Rechenschaftslegung hinsichtlich der Abwicklung von Bankkonten verlangen. Dies gilt ausnahmsweise nicht im Verhältnis von Ehegatten zueinander, die in häuslicher Gemeinschaft leben. Will der Vollmachtgeber tatsächlich derartige Ansprüche ausschließen um eine Inanspruchnahme des Bevollmächtigten nach seinem Tod zu verhindern, so muss er dies ausdrücklich im Rahmen der Bevollmächtigung regeln. Im Falle von Unklarheiten sollte rechtlicher Rat in Anspruch genommen werden um Streitigkeiten nach dem Tod des Erblassers zu vermeiden.

Thema: Allgemein | Kommentare (0) | Autor:

Erbrecht: Pflichtteilsrecht

Donnerstag, 11. Juli 2019 9:16

Frage: Mein Vater hat mich enterbt und alles meiner Schwester vererbt. Im Nachlass ist ein Hausgrundstück. Meine Schwester hat das Haus nunmehr zu einem, meiner Meinung nach zu niedrigen Preis veräußert. Kann ich einen höheren Wert des Grundstückes im Rahmen meines Pflichtteilsrechts ansetzen?

Antwort: Wie Nachlassgegenstände zu bewerten sind, ist häufig eine Streitfrage im Bereich des Pflichtteilsrechtes. Gem. § 2311 Abs. 2, Satz 1 BGB ist für die Berechnung des Pflichtteils der Wert des Nachlasses, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln. Dies wird regelmäßig bei Streit zwischen Erben und Pflichtteilsberechtigten über ein Sachverständigengutachten erfolgen. Im Fall, dass der Erbe das Hausgrundstück jedoch veräußert hat, ist nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes, soweit nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen, der tatsächlich erzielte Verkaufspreis für die Bewertung maßgebend. Insoweit knüpft der BGH an seine bisherige Rechtsprechung an, nach der der effektive Verkaufserlös der beste Indikator für den maßgeblichen Wert sei. Falls also nicht außergewöhnliche Umstände in Bezug auf den erzielten Verkaufspreis vorliegen, so z. B. Verkauf zu einem erheblich unter dem Verkehrswert liegenden Wert, so ist auf den erzielten Verkaufspreis abzustellen. Gerade in erbrechtlichen Fragen sollte bei Zweifelsfragen deshalb rechtlicher Rat zur Durchsetzung erbrechtlicher Ansprüche eingeholt werden.

Thema: Allgemein | Kommentare (0) | Autor:

Datenschutzrecht: Videoüberwachung in Arztpraxen zumeist unzulässig

Donnerstag, 20. Juni 2019 23:23

Eine der brennendsten Fragen des Datenschutzrechts: wie weit darf Videoüberwachung gehen? Dürfen Ärzte ihre Praxis überwachen, wenn der Eingangstresen nicht besetzt ist? Dieser gängigen Praxis hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urt. v. 27.03.2019 – 6 C 2.18) jetzt ein Ende bereitet. Das Urteil ist nicht nur für Arztpraxen interessant.

Der Fall

Eine Zahnärztin überwachte den Empfangsbereich und das Wartezimmer ihrer Praxis per Videokamera aus dem Behandlungszimmer heraus, da der Eingangstresen nicht ständig besetzt ist. Sie wies sowohl vor der Tür als auch am Tresen per Schild auf die Videoüberwachung hin. Der Landesdatenschutzbeauftragte gab der Klägerin per Bescheid auf, die Videokamera so auszurichten, dass der den Patienten zugängliche Bereich vor dem Eingangstresen, also Flur, Eingangstür und Wartezimmer nicht mehr erfasst werden. Mit anderen Worten: er untersagte ihr Aufnahmen aller Bereiche, in denen sich Patienten bewegen, auch des Wartezimmers.

Das Urteil

Die Zahnärztin klagte gegen diesen Bescheid und argumentierte, sie sei auf die Überwachung angewiesen: Personen könnten ihre Praxis betreten, um Straftaten zu begehen. Ebenso könne sie so Patienten nach der Behandlung schnell helfen, wenn sie sich ins Wartezimmer setzten, weil es ihnen schlecht gehe. Dem BVerwG reichte dies nicht. So pauschale Gründe könnten den mit der Überwachung verbundenen gravierenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht nicht rechtfertigen. Vielmehr bedürfe es „berechtigter Interessen“, die Vorrang vor dem Datenschutz der Patienten haben. Solche trug die Klägerin aber nicht vor, weshalb die Klage der Abweisung unterlag. Das BVerwG hält es sogar für zumutbar, dass die Ärztin den Eingangstresen dauerhaft besetzt, auch wenn dies mit erheblichen Mehrkosten verbunden sein mag.

Das BVerwG stellte gleichfalls klar, dass die DSGVO erst für Datenschutzverstöße gelte, die ab dem 25.5.2018 geschehen seien. Vorher gilt das BDSG, das hier in § 6b Abs. 1 BDSG a.F aber eine ganz ähnliche Regelung vorhielt.

Fazit

Das kommt nicht nur in Arztpraxen vor: auch Unternehmen, Supermärkte, Sportvereine, die ihr teures Equipment schützen wollen, sogar Privatpersonen installieren vor ihrem Haus eine Videokamera zwecks Überwachung der Besucher und Passanten. Das BVerwG hat jetzt klargestellt, dass dies in den meisten Fällen nicht zulässig ist, sofern der Verantwortliche hierfür keinen wichtigen Grund hat, der das Persönlichkeitsrecht der Überwachten überwiegt. Supermarktbesitzer dürfen Ladendiebe weiterhin überwachen, Unternehmer ihre Mitarbeiter aber jedenfalls dauerhaft nicht. Eine zulässige Videoüberwachung setzt voraus, dass der Verantwortliche

  1. das überwachte Publikum hierüber unmißverständlich aufklärt und
  2. hierfür einen wichtigen Grund anführen kann, ggf. den überwachten Bereich einzuschränken hat.

Das Urteil erging zwar zur alten Rechtslage, dürfte stellte das BVerwG sicherheitshalber klar, dass seine Entscheidung auch unter Geltung der DSGVO kaum anders ausgefallen wäre. Auch Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO setzt ein berechtigtes Interesse voraus, das gegen das Recht des Betroffenen abzuwägen ist.

Was ist zu tun?

Vorsicht Abmahngefahr! Datenpannen sind nicht nur bußgeldbewehrt, sondern können vom Betroffenen auch zivilrechtlich abgemahnt werden. Setzt dieser seine Unterlassungsansprüche anwaltlich durch, wird es noch teurer. Der Einsatz einer Videokamera will daher wohl überlegt sein.

Thema: Allgemein | Kommentare (0) | Autor: