Fitnessstudio, Tanzschule oder Sportverein: welche Rechte habe ich in Coronazeiten?
Viele Freizeitaktivitäten sind wegen der Corona-Schutzmaßnahmen weiterhin nur eingeschränkt möglich. Beiträge wurden dennoch eingezogen. Eventim lehnt Rückzahlungswünsche ihrer Kunden wegen ausgefallener Veranstaltungen rigoros ab. Das wirft eine Reihe von ragen auf, die ich nachfolgend kurz beantworte:
- Kann ich meinen Vertrag in der Tanzschule außerordentlich kündigen?
Ich habe bisher noch keinen Vertrag gesehen, der eine Regelung zu pandemiebedingtem Ausfall trifft. Ein sog. “Dauerschuldverhältnis”, d.h. ich nehme eine Leistung mehr als einmal in Anspruch und zahle dafür jeden Monat einen gewissen Betrag, kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt nach § 314 Abs. 1 S. 2 BGB vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Und? Ist das hier so?
Klare Ansage von mir: Dies sehe ich hier nicht. Hier geht es grds. um Gründe, die in de Sphäre des Dienstleisters liegen. Dieser kann aber nichts für eine behördlich angeordnete Schließung.
Außerdem: Die lediglich vorübergehende Schließung eines Freizeitangebots rechtfertigt nicht, das schärfste Schwert zu zücken, dass das Vertragsrecht mir zur Seite stellt, jedenfalls dann, wenn Fitnessstudios, Tanzschulen usw. wieder öffnen. Sie können das Angebot dann sofort wieder nutzen, sobald Ihr Vertragspartner wieder geöffnet hat.
Etwas ganz anderes ist es, wenn Ihr Vertragspartner wesentliche Vertragsleistungen, etwa die Nutzung der Sanitäranlagen, über mehrere Monate nicht erbringt. In einem solchen Fall können Sie zur fristlosen Kündigung berechtigt sein, wenn Sie den Dienstleister zuvor erfolglos zur Leistung aufgefordert haben.
- Muss ich meine monatlichen Beiträge trotzdem weiterzahlen?
Eine ganz andere Frage ist, ob ich in der Zeit, in der ich die Leistung nicht in Anspruch nehmen kann, weiter meine monatlichen Beiträge zahlen muss.
Auch hier hilft der Blick ins Gesetz: ist dem Anbieter, hier “Schuldner” genannt, unmöglich zu leisten, entfällt seine Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1-3 BGB. Ihre Pflicht, den vereinbarten Beitrag zu zahlen, entfällt nach § 275 Abs. 4 i.V.m. § 326 Abs. 1 BGB. Wer es nachlesen möchte: Sie sind in diesem Fall der “Gläubiger”.
Auf gut Deutsch heißt dies: erbringt das Fitnessstudio, die Tanzschule usw. ihre vertraglich vereinbarte Leistung nicht, müssen Sie als Kunde auch nicht zahlen. Online-Angebote sind übrigens kein Ersatz für persönlichen Unterricht oder Gerätenutzung.
Achtung, wichtiger Hinweis!
Etwas anderes kann dann gelten, wenn Ihr Vertrag vorsieht. dass Ihr Fitnesstudio, Ihre Tanzschule etc. befugt sein soll, Betriebsferien durchzuführen. In diesem Fall können Sie zur Zahlung verpflichtet bleiben.
Checken Sie Ihren Vertrag oder lassen Sie ihn im Zweifel checken!
- Was gilt, wenn ich meine Beiträge schon (im voraus) entrichtet habe?
Bislang galt, dass Sie – selbstverständlich, könnte man meinen – einen Anspruch auf Erstattung haben.
Zum 20. Mai 2020 ist allerdings Art. 240 EGBGB in Kraft getreten und wirbelt die bisher geltenden Grundsätze des deutschen Zivilrechts gehörig durcheinander. Sein hier interessierender § 5 besagt in Absatz 2:
“Soweit eine Musik-, Kultur-, Sport- oder sonstige Freizeiteinrichtung aufgrund der COVID-19-Pandemie zu schließen war oder ist, ist der Betreiber berechtigt, dem Inhaber einer vor dem 8. März 2020 erworbenen Nutzungsberechtigung anstelle einer Erstattung des Entgelts einen Gutschein zu übergeben.”
Dies bedeutet: der Dienstleister ist berechtigt, für die Zeit der Corona-bedingten Schließung die Erstattung zuviel entrichteter Beiträge zu verweigern und Ihnen stattdessen einen Gutschein in Höhe der entsprechenden Summe auszustellen. Die sogenannte Gutschein-Lösung gilt für Verträge, die vor dem 8. März 2020 abgeschlossen wurde.
Wichtig: Die Ausstellung des Gutscheins und die Übersendung an den Verbraucher müssen kostenfrei erfolgen. Den Gutschein können Sie unmittelbar nach Wiedereröffnung der Freizeiteinrichtung dann einlösen.
- Wann muss ein Gutschein ausgezahlt werden?
Einen Anspruch auf Auszahlung des Gutscheinbetrags haben Sie nur ausnahmsweise, und zwar, wenn
* Sie den Gutschein bis zum 31. Dezember 2021 nicht eingelöst haben oder
* der Verweis auf einen Gutschein aufgrund Ihrer persönlichen
Lebensumstände unzumutbar ist.
Das bedeutet: Sind Sie ohne die Auszahlung des Gutscheinbetrags nicht in der Lage, Ihre existentiellen Lebenshaltungskosten wie Miet- und Energierechnungen zu begleichen, müssen Sie sich nicht auf die Gutscheinlösung verweisen lassen.
- Was gilt im Verein?
Vereine sind ein dauerhafter Zusammenschluss von Mitgliedern, die durch ihren Beitritt u.a. den Vereinszweck anerkennen. Die Mitgliedsbeiträge dienen der Förderung des Vereinszwecks, wie er sich aus der Satzung des Vereins ergibt. Diesen haben Sie auch dann zu fördern, wenn Sie die Einrichtungen des Vereins gar nicht nutzen können. Deshalb bleiben Sie als Vereinsmitglied zur Zahlung verpflichtet.
Haben Sie Fragen? Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung!