IT-Recht: Wenn Nachrichtensender zum Filesharing abenteuerliche Beiträge senden
Frage:
Ich habe Anwaltspost wegen „illegaler Downloads“ bekommen und meine Söhne, 18 und 15 Jahre alt, zur Rede gestellt, die als einzige meinen Rechner nutzen. Die schwören, es nicht gewesen zu sein. Nun bin ich vollends verwirrt: n24 berichtet, man solle mit dem Absender verhandeln. „Meistens“ seien solche Forderungen berechtigt, nur die erhobene Forderung zu hoch. Was nun?
Antwort:
Fast möchte man n24 mit Sebastian Brant (einem Juristen übrigens), „Das Narrenschiff“, zurufen: „Viel besser ist es, nichts beginnen, Als Schaden, Schand und Spott gewinnen.“
Der Bericht, hier abrufbar, strotzt vor Fehlern. „Meistens seien die Forderungen berechtigt“, meint da ein Mitarbeiter der Verbraucherzentrale. Woher weiß der Mann das? Ein gutes Beispiel, dass man nicht jeden Verbraucherverdruss auch sofort dort hintragen muss. Zum einen geschehen bei der angeblich „beweissicheren“ IP-Adressen-Ermittlung immer wieder grobe Fehler (OLG Köln, Beschl. v. 10. Februar 2011 – 6 W 5/11). Können Sie also selber ausschließen, dass Sie zur Tatzeit am Rechner gesessen haben oder dieser ausgeschaltet war, spricht dies schon einmal dafür, dass hier ein Fehler passiert sein kann.
Dann nutzen fast immer mehrere Personen einen Rechner, die Anwaltspost ist aber immer an den Anschlussinhaber gerichtet. Der haftet aber nicht automatisch für einen Rechtsverstoß, wenn er denn nachgewiesen ist, sondern nur dann, wenn er ihn (mit-)verursacht hat. Sie selber waren es nicht. Ob Ihr Sohn es doch gewesen sein könnte, wissen Sie nicht, wenn Sie nicht zumindest entsprechende Tausch-Software und/oder die angeblich heruntergeladenen Dateien auf dem Rechner finden. Haben Sie Ihren minderjährigen Sohn gehörig belehrt, dass er solche Seiten nicht aufrufen und nichts Illegales herunterladen darf, haften Sie dafür auch nicht (BGH, Urt. v. 15.11.2012 – I ZR 74/12, „Morpheus“). Ihren volljährigen Sohn müssen Sie nicht belehren, denn der muss selber wissen, was er tut (BGH, Urt. v. 08.01.2014 – I ZR 169/12, „BearShare“). Der Satz „Eltern haften zunächst als Inhaber des Internetanschlusses für Urheberrechtsverletzungen, die über diesen begangen werden,“ ist also grottenfalsch.
Toll auch der Rat: „Mit dem eigenen Anwalt sollten Eltern einen Pauschalbetrag vereinbaren, der zwischen 300 und 600 Euro liegt“. Warum, wenn Sie es nicht zu verantworten haben? Ihren eigenen Anwalt müssen Sie ja erst mal bezahlen, denn Rechtsschutz gibt es für solche Fälle leider grundsätzlich nicht. Trotz „Verhandeln“ würde es am Ende noch teurer.
Falsch ist auch die Behauptung, dass Sie sich „30 Jahre lang“ an eine strafbewehrte Unterlassungserklärung binden. Einmal abgegeben, gilt eine Unterlassungserklärung nämlich lebenslang und verjährt nicht.
So richtig verstanden haben die Verfasser dieses Beitrags das Prinzip „Filesharing“ ohnehin nicht. Sie stellen immer auf den Download ab. Um den geht’s in der Abmahnung aber nicht, sondern um den Upload, den die Software dann meistens automatisch übernimmt. Das ist auch der Zeitpunkt, indem die Spionagesoftware zuschlägt und „angeblich beweissicher“ die IP-Adresse ermittelt.
Fazit: Gehen Sie lieber gleich zum Anwalt, als Stunden im Internet zu verbringen und auf fragwürdige Tipps zu stoßen, die mehr schaden als nützen.
Mehr zum Thema lesen Sie hier: https://www.anwalt-gotha.de/it-recht-neues-zu-filesharing-und-internettauschboersen/