Verwaltungsrecht: Betrieb eines Nagelstudios ist in einem reinen Wohngebiet unzulässig
von RA Christian Sitter
Schlechte Zeiten für „Hobbynagler“ und sonstige „Freiberufler“, die in ihren Wohnzimmern kosmetische Dienstleistungen o.ä. anbieten: nach einem Urteil des VG Ansbach, (Urt. v. 16.10.2014 – AN 3 K 14.00594) ist der Betrieb eines Nagelstudios in einem reinen Wohngebiet unzulässig.
Es bestätigte damit eine Verbotsverfügung des Landratsamtes, das auf Beschwerden von Nachbarn wegen Lärmbelästigungen tätig geworden war, insb. wegen des Kundenverkehrs mit oder ohne Auto. Parkplätze würden rigoros „zugeparkt“. Und:
„Vermehrt in den Sommermonaten ergebe sich eine erhebliche Lärmbelästigung durch das Türenschlagen, das Motor aus- und anschalten der Pkws der Kunden sowie durch das Klappern der hohen Absätze der Kundinnen auf dem Gehweg.“
Das Problem:
Das Grundstück liegt im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes, das die Art der baulichen Nutzung als reines Wohngebiet nach § 3 BauNVO festgesetzt hatte. Es galt die Version des Jahres 1977: Damit ist dort grds. nur Wohnen erlaubt. Ausnahmsweise können Läden oder nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebietes dienten, zugelassen werden, etwa Lebensmittelläden. Die Nageldesignerin, die in ihrem Laden auch noch Kosmetikprodukte verkauft, konnte hierfür diesen „täglichen Bedarf“ wie bei Lebensmitteln nicht nachweisen, auch wenn sie unstrittig ein Handwerk ausübt. Sie hatte sich verteidigt mit dem Argument, sie hätte nur „ein bis zwei Kundinnen pro Tag“. Ein klassisches Eigentor.
Auch die weitere Ausnahme nach § 13 i.V.m. § 3 BauNVO für Freiberufler zog nicht. Ein Nagelstudio stelle keine freiberufliche Tätigkeit wie bei einem Arzt oder Anwalt dar, meinte das Gericht. „Da ein Nagelstudio überwiegend nach den konkreten Angaben der Kunden eine Dienstleistung bringe“, beruhe diese Tätigkeit nicht auf einer individuellen geistigen Leistung (BVerwG, Urt. vom 20.1.1984 – 4 C 56/80, BayVBl 1980, 344).
Vergeblich machte die Nageldesignerin geltend, ihr Gewerbe sei ordnungsgemäß angemeldet und die Stadt habe ihr bei der Anmeldung keine Hinderungsgründe mitgeteilt. Das Gericht befand lapidar: „Die Gewerbeanmeldung bei der Stadt ersetzt nicht die für eine rechtmäßige Nutzung erforderliche positive Aussage der für Rechtsfragen in Bezug auf bauliche Anlagen allein zuständigen Bauaufsichtsbehörde.“ Es sei auch unerheblich, dass sich in der Nähe weitere Gewerbebetriebe befänden. Dies mache den Bebauungsplan noch nicht „funktionslos“, was voraussetze, dass die Verwirklichung der Festsetzung eines reinen Wohngebietes auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen sei.
Immerhin gestattete das Landratsamt die Betriebseinstellung innerhalb von sieben Monaten ab Bestandskraft des Bescheides.
Die Entscheidung dürfte auch zur aktuellen Version der Baunutzungsverordnung so ergehen, die Erleichterungen für Kinderhorte und soziale wie kulturelle Einrichtungen bringt. Liegt ein „Allgemeines Wohngebiet“ nach § 4 BauNVO vor, könnte die Ausnahme „sonstige nicht störende Gewerbebetriebe“ nach § 4 Abs. 3 Ziff. 2 BauNVO greifen.
Das vollständige Urteil finden Sie hier.