Erbrecht: Pflichtteilsentziehung
In einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament haben die Eheleute ihrem Sohn den Pflichtteil mit der Begründung entzogen, dieser habe sie in der elterlichen Metzgerei bestohlen. Liegt eine wirksame Pflichtteilsentziehung vor?
Über diesen Fall hat das LG Mosbach zu entscheiden. Die Eltern hatten eine Metzgerei, in der ihr Sohn mitarbeitete. Die Metzgereiinhaber errichteten ein gemeinschaftliches Testament, in welchem sie diesem Sohn den Pflichtteil sowohl nach dem Tode des Erst- als auch des letztversterbenden Ehegatten und Elternteils entzogen. Sie begründeten dies im Testament damit, dass der Sohn im Geschäft unter Ausnutzung der bestehenden Vertrauensverhältnisse gestohlen habe. Nach dem Tod des Vaters macht der Sohn dennoch Pflichtteilsansprüche gegen die Mutter geltend. Das LG Mosbach entschied hier, dass ein Pflichtteilsentziehungsgrund zum einen nicht vorliegt, zum anderen auch nicht formgerecht in das gemeinschaftliche Testament einbezogen worden sei. Die Entziehung des Pflichtteilsrechtes § 2333 Abs. 1, Nr. 2 BGB ist nur gerechtfertigt, wenn ein Abkömmling ein derart gravierendes Fehlverhalten an den Tag legt, dass dieses so schwer wiegt, dass der verfassungsrechtlich geschützte Pflichtteilsanspruch versagt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen bei Verstößen gegen Eigentum oder Vermögen der Eltern nur vor, wenn sie nach ihrer Natur und Begehensweise eine grobe Missachtung des Eltern-Kind-Verhältnisses darstellen und dadurch zu einer schweren Kränkung des Erblassers führen. Allein die Mitnahme von Fleischprodukten erfüllt diese hohen Voraussetzungen nicht. Da die Eltern im Testament nicht einmal die Schadenshöhe aufzeigten, fehlte es im Übrigen an einer Bewertungsgrundlage, um die Schwere des Vergehens überhaupt prüfen zu können. Darüber hinaus seien die Gründe der Pflichtteilsentziehung auch nicht formgerecht gem. § 2336 Abs. 2 BGB in das Testament eingefügt worden, da keine bestimmten Vorgänge in unverwechselbarer Weise aufgezeigt wurden. Das Urteil zeigt, wie hoch die Hürden für eine Pflichtteilsentziehung sind, um einen Ausschluss des verfassungsrechtlich garantierten Pflichtteilsrechtes zu rechtfertigen. Es sollte deshalb sinnvollerweise auch bei der Formulierung eines gemeinschaftlichen Testamentes mit entsprechenden Sonderwünschen eine fundierte Beratung in rechtlicher Hinsicht stattfinden.