Erbrecht: Verkürzung des Pflichtteilanspruchs durch Testament
Mein Vater ist jetzt, nachdem meine Mutter schon vor 2 Jahren verstarb, nunmehr auch verstorben. In letzter Zeit habe ich mich mit meinem Vater überworfen, so daß wir öfters Streit hatten. Ein Testament war beim Nachlaßgericht hinterlegt. Die Eröffnung des Testamentes hat ergeben, daß er mich und meinen Bruder zu Miterben eingesetzt hat, jedoch meinen Bruder mit einer Quote von 90 % und mich zu 10 %. Kann mich mein Vater so „enterben“?.
Vorliegend ist eine sogenannte gewillkürte Erbfolge gegeben. Per Testament hat der Erblasser seine beiden Söhne zu unterschiedlichen Quoten eingesetzt. Bei gesetzlicher Erbfolge hätte jedes Kind 50 % geerbt. Durch die Erbeinsetzung hat der Erblasser diese Quote bei dem Fragesteller – wohl wegen der bestehenden Differenzen mit ihm – auf 10 % gesenkt. Damit würde der Fragesteller und Miterbe weniger bekommen, als wenn er auf den Pflichtteil gesetzt wäre. Die Pflichtteilsquote beträgt bei vorliegender Konstellation 25 %. Eine derartige Verkürzung des Pflichtteilsanspruches läßt das Gesetz ohne Vorliegen besonderer Pflichtteilsentziehungsgründe nicht zu. In § 2305 BGB ist geregelt, daß einem Pflichtteilsberechtigten, dem ein Erbteil hinterlassen ist, der geringer ist als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, ein sog. „Zusatzpflichtteil“ zusteht, damit er mindestens seinen Pflichtteil entsprechend der Pflichtteilsquote insgesamt wertmäßig erhält. Vorliegend heißt das, daß er neben seinem Erbteil einen zusätzlichen Anspruch gegen den Miterben auf Zahlung eines Betrages in Höhe des Differenzbetrages zu seinem Pflichtteil hat. Damit ist gewährleistet, daß die erbrechtlichen Ansprüche per Testament nicht soweit verkürzt werden, daß der Berechtigte wertmäßig weniger als die Höhe seines Pflichtteilsanspruches erhält.
Bei unklarer Sach- und Rechtslage sollte man sich deshalb fachkundigen Rat einholen.